Trend zur Energie-Autarkie: Familie Schmitt macht sich ihren Strom selbst

Eine Familie wagt, wovor Energiekonzerne zittern: Sie erzeugt ihren Strom überwiegend selbst. Nicht weil sie der Umwelt helfen will, sondern weil es sich rechnet – dank einer billigen Batterie.

Horst Schmitt sagt, er sei jetzt glücklich. Und um zu zeigen, weshalb das so ist, steigt er die Kellertreppe seines Einfamilienhauses in der Eifel hinab. „Hier hat sich zuletzt einiges verändert“, sagt er, grinst, und zeigt in einen drei mal drei Meter kleinen Raum.

Früher stand hier eine rußverschmierte Ölheizung, doch jetzt ist alles neu und weiß. Die Wand frisch gestrichen, und ringsum all die blitzblanken Geräte: ein brummendes Blockheizkraftwerk, so groß wie ein Rollkoffer. Ein kleiner Wechselrichter der Solaranlage. Ein Warmwasserspeicher, der bis zur Decke reicht. Ein Heizungssteuerpult mit Digitalbildschirm.

Und dann hängt da noch der Batteriekasten an der Wand – er ist nicht viel größer als die Spitzenlast-Gastherme schräg gegenüber. Darauf steht in großen Ziffern die Zahl, die dem Hausherrn wichtig ist: 87, genauer: 87 Prozent. Es ist der Anteil, zu dem sich die Schmitts dank ihrer persönlichen Technikoffensive nun selbst mit Elektrizität versorgen.

„Es geht für mich um Souveränität“, sagt Schmitt, ein stämmiger Mann aus der Bauwirtschaft mit grauem Schnauzer. „Wer seinen Strom selbst erzeugt, wird nicht mehr so ausgebeutet.“ Deshalb hat er etwa 31.000 Euro in sein neues Heizungs- und Stromsystem investiert. Es verspricht ihm auf lange Sicht deutlich niedrigere Energiekosten sowie maximale Selbstversorgung.

Danach strebt in Deutschland eine stark wachsende Zahl von Stromkunden. Lange Zeit gebeutelt von hohen Energiepreisen, nehmen Privathaushalte und kleine Unternehmen ihre Versorgung in die eigenen Hände. Zwar macht die selbstgenutzte Elektrizität aus eigenen Solaranlagen und kleinen Blockheizkraftwerken bisher nur etwa 0,6 Prozent an der gesamten in Deutschland verbrauchten Strommenge aus. Doch schon in ihren konservativen Szenarien rechnen die Netzbetreiber mit einem Wachstum im deutlich zweistelligen Prozentbereich allein im Solarbereich.

Schon jetzt sendet der Trend Schockwellen durch die Energiewirtschaft. Als E.on-Chef Johannes Teyssen jüngst die Aufspaltung seines Konzerns verkündete, nannte er ausdrücklich den Selbstversorgungsdrang der Kunden als bedeutende Ursache für die Krise von E.ons klassischem Geschäftsmodell mit Großkraftwerken. Die im Konzern verbleibenden Einheiten sollen wiederum von genau diesem Trend profitieren.

Es droht ein Dammbruch für die Versorger

Zunehmend setzen nicht mehr nur Industrie- und Gewerbebetriebe auf Eigenstrom. Auch Häuslebauer erzeugen und verbrauchen ihre Elektrizität selbst. Das ist immer häufiger günstiger, als ihn aus dem Netz zu kaufen. Hausbatterien, die sich derzeit deutlich verbilligen, maximieren die Ausbeute. Der Preis des Batteriemodels der Schmitts hat sich binnen Jahresfrist auf knapp 6000 Euro halbiert.

„Der Markt für Speicher ist ordentlich in Bewegung“, sagt Daniel Pohl vom Bonner Analysehaus EuPD. Lag die Zahl der installierten Anlagen 2013 bei bundesweit etwa 5000, stieg sie 2014 auf 8400. Fast die Hälfte davon kam ohne die von der staatlichen KFW-Bank gewährten, aufwendig zu beantragenden Subventionen aus. Für 2015 erwartet EuPD bereits mehr als 12.000, für 2016 gut 18.000 neue Speicher.

Meist kombinieren Hausbesitzer und Kleinunternehmen eine Solaranlage mit einer Batterie. Zunehmend kommen auch kleine Blockheizkraftwerke mit dazu – wie bei den Schmitts in Kelberg.

Was der Einbau eines solchen Speichers für die klassischen Stromkonzerne bedeutet, zeigt Horst Schmitt anhand einiger Grafiken auf seinem Laptop. Bis vor Kurzem lieferte sein Versorger ihm jährlich etwa 7500 Kilowattstunden. Die monatliche Abschlagszahlung betrug 160 Euro. Künftig – so lässt es sich nach einem Monat Betrieb hochrechnen – braucht Schmitt nur noch gut 500 bis 700 Kilowattstunden im Jahr von außen. Der monatliche Abschlag sinkt auf etwa 20 Euro.

Wann amortisiert sich das System?

Vor allem aus dieser Ersparnis finanziert der Familienvater die Investition. Zudem speist er überschüssigen Strom aus Solaranlage und Blockheizkraftwerk ins Netz ein und erhält dafür eine kleine Vergütung. Nach zehn bis zwölf Jahren soll sich seine Anlage amortisiert haben.

Ob und wie sehr sich die Investition am Ende tatsächlich lohnt, liegt aber nicht allein in Schmitts Händen. Bleibt der Ölpreis weiter niedrig wie bisher, wäre rückblickend womöglich doch ein neuer Heizkessel wirtschaftlicher gewesen. Geht auch der Strompreis wie derzeit weiter zurück, lohnt der Eigenverbrauch weniger, als wenn Elektrizität teurer wird – wie in den Vorjahren.

Und nicht zuletzt könnte der Gesetzgeber Selbstversorgern wie Schmitt immer noch einen Strich durch die Rechnung machen. Immer wieder bringen Politiker eine Abgabe auf selbst erzeugten und verbrauchten Strom ins Gespräch, weil Haushalte wie die Schmitts das Stromnetz weiterhin nutzen, aber wegen des geringen Strombezugs kaum Abgaben zahlen. Schon das überarbeitete Erneuerbare-Energien-System (EEG ) sieht vor, dass sich Eigenstromnutzer an der EEG-Umlage beteiligen. Anlagen bis zehn Kilowatt sind allerdings bisher befreit – und damit auch die Schmitts.

Das Ziel: volle Autarkie

Und so kann sich der Kelberger voll darauf konzentrieren, die Energieausbeute seines Dach-Keller-Kraftwerks zu optimieren. Dabei ist Schmitt mit den 87 Prozent Autarkie noch nicht zufrieden: „Mein Ziel ist, gar keinen Strom mehr von außen zu beziehen.“

Bisher ist das immer dann noch nötig, wenn die Familie mehrere Stromfresser gleichzeitig laufen hat. Mitunter summiert sich die Last auf etwa 8000 Watt, während Batterie und Blockheizkraftwerk immer nur maximal 3500 Watt abgeben können. Die Solaranlage liefert im Winter kaum einen Beitrag.

„Da müssen wir noch üben“, sagt Schmitt und ist froh über das internetgestützte Kontrollsystem für seine Anlage: „Jetzt kann ich von der Arbeit aus sehen, ob meine Frau gerade wäscht.“

Wenn die blaue Kurve weiter nach oben ausschlägt, weiß er, dass weitere Geräte wie Trockner oder Herd laufen. In solchen Momenten ist die Familie dann immer noch von ihrem Stromversorger abhängig, was Schmitt ein wenig wurmt: „Allein die Technik reicht nicht aus, nötig ist auch ein Umdenken. Das ist der schwierige Part.“

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Quelle: spiegel.de

GOP_Admin Strom-Autarkie

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